Nebenher betrieb er weiterhin Studien und promovierte bereits am 17. Dezember 1845.[1] Seine Dissertation Ueber das Wesen des ältesten Adels der deutschen Stämme im Verhältnis zur gemeinen Freiheit zeigte weiterhin das Interesse am germanischen Altertum. In der Arbeit wurde entgegen der allgemeinen Lehrmeinung dargelegt, „daß der Geschlechtsadel in der ältesten germanischen Periode noch kein Stand im Rechtssinne war, sondern sich nur thatsächlicher Vorzüge erfreute, nach der Völkerwanderung aber zu einem Geburtsstande im Rechtssinne wurde.“[2]
Vor allem die genaue Quellenkenntnis, welche er sich zum Teil schon in Berlin durch die Beschäftigung mit den altnordischen Texten angeeignet hatte, und die philologische Schulung kamen ihm nun zugute. Die Erforschung der altnordischen Quellen war zur damaligen Zeit mit großer Mühe verbunden, denn es gab noch kaum Wörterbücher oder Grammatiken, sodass Maurer sich vieles beschwerlich selbst erarbeiten musste. Die Arbeit übertraf das gängige Niveau der Doktorarbeiten derart, dass Maurer, wieder mehr dem Wunsch des Vaters als dem eigenen gehorchend, eine akademische Laufbahn einschlug. „Bereits unterm 27. August 1847 erfolgte seine Ernennung ‚zum außerordentlichen Professor der Rechte‘ an der Universität München und unterm 6. Juli 1855 ward er zum ordentlichen Professor des Deutschen Privatrechts und des Deutschen Staatsrechts befördert.“[3]
Noch zuvor, im Jahre 1852, hatte er Die Entstehung des isländischen Staates und seiner Verfassung veröffentlicht. Karl von Amira meinte hierzu, dass man jeder Seite des Buches seinen Urheber ansehe „wie er an diesen Quellen schwelgt, dieser berühmten ‚altnordischen‘ Literatur, die er schon damals nicht nur in ihren juristischen, sondern auch in ihren historischen und poetischen Teilen besser als irgend einer seiner Vorgänger kannte.“[4] Dieses umfassende Wissen stellte die Abhandlung auf ein sicheres Fundament und dokumentiert zudem die Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit ihres Autors. Maurers Berufung zur Lehre erfolgte, wie bereits angedeutet, gegen seinen Willen, was ihn weiterhin schwer belastete. In einem Urlaubsgesuch im Jahre 1865[5] an die Universität München äußert er:
„Frühzeitig ernsten wissenschaftlichen Studien zugewandt, hatte ich doch nie die Absicht gehabt, dem akademischen Berufe mich zu widmen. Als Erholung zugleich und als geistige Kräftigung neben einer praktischen Tätigkeit sollten meine rechtsgeschichtlichen Studien mir dienen, welche ich eben darum, meinen individuellen Neigungen entsprechend, auf wissenschaftlich vielversprechende, aber auch wenig bearbeitete und sehr abgelegene Gebiete, auf das angelsächsische Recht nämlich und auf die altnordischen Altertümer, richten sich zu dürfen glaubte. Ohne mein Zutun, ohne mein Wissen, ja wider meine bestimmtest ausgesprochenen Wünsche wurde ich vor nunmehr 19 Jahren unversehens zum Lehramte berufen, unter Umständen, welche so peinlich es mir war dem Ruf Folge zu leisten, doch ein Ablehnen desselben mir völlig unmöglich machten.“[6]
Vor seinem Tod noch schrieb er Valtýr Guðmundsson, dass mit jener Berufung „mein Lebensglück untergraben sei, und so war es. Ich habe mich nie mit dem Lehramt versöhnen können, infolge dessen ohne rechte Freudigkeit gearbeitet und meine Kraft vor der Zeit aufgezehrt.“[7] Maurer musste trotz dieses Widerwillens seinem Lehrauftrag nachgehen, las „Deutsche Rechtsgeschichte, Deutsches Privatrecht inclusive Lehn- und Handelsrecht, Erklärung der Germania des Tacitus, Ueber die Religionsverfassung des germanischen Heidenthums.“[8] Die Vorlesungen hielt er völlig frei, ohne sich irgendwelcher Notizen zu bedienen und zeichnete sich durch eine ruhige und komplex in die Argumentation einführende Rede aus. Von seinen Zuhörern wurde er deswegen als ausgezeichneter Lehrer geschätzt. Die schriftlichen Ausarbeitungen seiner Vorlesungen aktualisierte und korrigierte er so genau und beständig, dass sie nach seinem Tod beinahe druckreif herausgegeben werden konnten.[9]
Neben der Lehre führte er die Studien des Altnordischen weiter, welche in seine größte und bekannteste Arbeit mündeten, die auch bis heute noch als ein Standardwerk gilt:[10] Die Bekehrung des Norwegischen Stammes zum Christenthume. Es erschien in zwei Bänden 1855 und 1856. Im ersten Teil wird die äußere Geschichte der Bekehrung bis zur Heiligsprechung König Olaf des Heiligen behandelt; der zweite Teil, der die Motive der Bekehrung umfasst – die sogenannte innere Geschichte der Bekehrung – hat die heidnisch-germanische Religion zum Gegenstand sowie den Kampf zwischen dieser und dem Christentum; schließlich werden die Zustände im Norden nach der Bekehrung behandelt.[11]
- [1] van Vleuten, S. 4.: Das Examen rigorosum bestand er bereits im August 1844 ‚cum nota eminentiae‘. Seine quaestio inauguralis handelte über die Bedeutung des griechischen Rechts für das Studium der römischen Rechtsgeschichte.↩
- [2] Ebd., S. 4f. ↩
- [3] Chronik der LMU, S. 6.; Kurt Schier, RLGA, S. 454, äußert dazu, daß die Berufung zum außerordentlichen Professor sogar auf Betreiben des Vaters geschah.↩
- [4] von Amira, S. 9.↩
- [5] Schier, 2005, S. 25; im RLGA nennt er das Schreiben im Jahr 1867.↩
- [6] Universitäts-Archiv München, Sign. E II 488, Nr. 5490; zitiert nach Schier, 2005, S. 25.↩
- [7] Zitiert in Schier, RLGA, S. 454. ↩
- [8] van Vleuten, S. 7.↩
- [9] „Vorlesungen über altnordische Rechtsgeschichte“. Max van Vleuten schreibt zu seinen Vorlesungen noch, S. 8: „[…] bereitete er sich jedoch mit peinlichster Gewissenhaftigkeit auf jede einzelne vor; wenn er wie gewöhnlich um 7 Uhr las, begann er bereits um 5 Uhr mit der Vorbereitung.“↩
- [10] Schier, RLGA, S. 456.↩
- [11] Eine ausführlichere Zusammenfassung des Inhalts findet sich bei van Vleuten, S. 8f.↩