Trotzdem mancher Schwierigkeiten etablierte sich Maurer nicht nur in Deutschland als führender Kenner der nordischen Rechtsgeschichte, sondern wurde auch von den skandinavischen Kollegen als solcher anerkannt. Dies führte zu einer Einladung nach Christiania (heute Oslo), an der dortigen Universität Vorlesungen über sein Fachgebiet zu halten. Von Ende Januar bis Mitte Mai 1876 hielt er diese dreimal wöchentlich. Sie waren gut besucht und selbst der König hörte sie. Der Professor für Recht, Aschehoug, hatte daraufhin den Gedanken, Maurer durch eine Professur an die Universität zu binden. Maurer lehnte jedoch nicht nur aus familiären Gründen ab.
„Ich sehe ein – schrieb er unterm 8. Juni 1876 von Drontheim aus -, daß mein Abgang von München das Fach, das ich zum ersten Male in den Kreis der deutschen Lehrvorträge eingeführt habe, und das ich zur Zeit allein in Deutschland vertrete, würde niederfallen lassen.“[1]
Bereits am 25. Juli 1867 war es Maurer gestattet worden, seine Lehrtätigkeit auf die Spezialstudien der nordischen Rechtsgeschichte zu beschränken; nach seinem Aufenthalt in Christiania wurde eigens eine Professur für nordische Rechtsgeschichte für ihn geschaffen, so dass er ab dem 19. Juli 1876 keine Vorlesungen über das deutsche Privat- und Staatsrecht halten mußte und ihm die nordische Rechtsgeschichte als Nominalfach übertragen wurde. So war er, wie er es selbst erwähnte, der erste seines Faches in Deutschland, „an eine institutionelle Verankerung der Nordistik als einer ‚Fremdsprachenphilologie‘ war damals freilich noch lange nicht zu denken,“[2] aber ein Grundstein für das Fach der Nordischen Philologie bzw. Skandinavistik war wohl dennoch gelegt. Zur gleichen Zeit wurde er in den Adelsstand erhoben, verbat aber seinen Freunden, ihn mit dem Titel anzureden, aus Stolz auf seine Abstammung von Bauern und Pfarrern.[3]
Neben der Lehrtätigkeit war Maurer von 1870 bis 1881 Mitglied des Verwaltungsausschusses der Universität, von 1882 bis 1888 vertrat er diese im Landrat von Oberbayern. Zudem setzte er sich im Stipendienreferat ein, steuerte eigenes Vermögen bei[4] und ermöglichte auf diese Weise ärmeren Studenten eine weitere Laufbahn an der Universität.
Je älter Maurer wurde, desto mehr setzte sich in ihm der Gedanke fest, den Beruf verfehlt zu haben, was zu einer Verbitterung und Vereinsamung führte. In seinen Augen oberflächliche gesellschaftliche Vergnügungen hatte er ohnehin immer gemieden. Anstelle dessen hatte er über viele Jahre hinweg einmal in der Woche „offenes Haus“ gehalten.[5] Dort trafen sich Gelehrte, Künstler, Dichter, hohe Beamte – auch seine Schüler konnten auf diese Weise Umgang mit ihm pflegen; oft waren dort Henrik Ibsen und Bjørnstjerne Bjørnson anzutreffen. Als gewissermaßen legendär galt seine Privatbibliothek, welche zum einen die Sammlung des Vaters, zum anderen die eigene Sammlung umfasste. Sie dokumentiert die Vielzahl der Interessen Maurers und beinhaltete unter anderem germanistische und historische Zeitschriften, Werke der Rechts-, Sprach- und Geschichtswissenschaft und war in dieser Zusammenstellung und Reichhaltigkeit einzigartig in Deutschland. Nach seinem Tod wurde sie an die Universität Harvard verkauft.[6]
Ab dem 19. Mai 1888 wurde Maurer aus gesundheitlichen Gründen von der Verpflichtung befreit, Vorlesungen halten zu müssen. Trotzdem setzte er das Schreiben fort, und so erschienen noch einige kleinere Schriften. Konrad Maurer litt in den letzten Lebensjahren sehr daran, seinen Forschungen nicht mehr nachgehen zu können. „Med Længsel imödesaa han den Stund, der for ham var Befrielsens.“[7] Konrad Maurer starb am 16. September 1902 in München. „Die Nekrologe seiner Schüler berichten von einem schwermütigen Mann, der, von strengem Pflichtbewußtsein erfüllt, die ungebahnten Wege der Wissenschaft gesucht habe, um seiner Melancholie in der energischen Bewältigung selbstgestellter Aufgaben Herr zu werden.“[8]
- [1] Chronik der LMU, zitiert Maurer ohne Quellenangabe, S. 8.↩
- [2] Böldl, S. 12.↩
- [3] Schier, 2005, S. 44.↩
- [4] Chronik der LMU, S. 8. 18000 Reichsmark.↩
- [5] van Vleuten, S. 15.↩
- [6] Allerdings gibt es ein Verzeichnis seiner Bücher: Katalog der Bibliothek des verstorbenen Universitätsprofessors Konrad von Maurer. München: 1903. Ein Verzeichnis sämtlicher Schriften Maurers findet sich bei Max van Vleuten, S. 17–22.↩
- [7] Hertzberg, S. 262.↩
- [8] Munske, Sp. 393. ↩